Manchmal scheint das Schicksal ein Auge auf uns zu haben. Wenn wir reisen, folgen wir meist nicht der Karte oder einem Reiseführer, sondern einfach unserer Intuition. Dabei halten wir unser Herz offen und nehmen unsere Ängste an die Hand. So begegnen uns immer wieder unerwartete Schätze, grosse und kleine. Ein Beispiel dafür ist unser Aufenthalt auf der dänischen Insel Bornholm letzten Herbst, wo wir einige Menschen von der estnischen Insel Saaremaa kennenlernten. Ein Flyer, der den ganzen Winter über in meinem Notizbuch verweilte, fungierte als Talisman und führte uns schliesslich auf diese wundersame Insel.

Ein Kaleidoskop aus Wald und Meer

Hier auf Saaremaa gibt es eine bemerkenswerte Vielfalt an Küstenlandschaften. Von rauen Steinstränden, die wie ein Mosaik der Erdgeschichte wirken, bis zu goldenen Sandstränden, die sanft in Wiesen übergehen. An manchen Stellen ist das Meer so flach, dass man sich genüsslich ins Wasser legen kann, als läge man auf einem flüssigen Bett aus blauem Glas. Wir haben sogar die Freiheit erlebt, von einer Insel durch das seichte Meer zu einer anderen zu wandern, wie auf einer verborgenen Brücke aus Wasser und Licht.

Das Inselleben hier ist ein Kaleidoskop der Natur, das bei jeder Wendung eine neue Facette der Schönheit offenbart. Zwischen abwechslungsreichen Küsten und malerischen Wäldern, die wie stille grüne Tempel wirken, bietet die Insel einen Reichtum an Farben und Texturen.

Geschichten und Menschen

Estland hat rund 1,3 Millionen Einwohner, 30.000 davon leben auf Saaremaa, hinzu kommen 1.000 ukrainische Flüchtlinge. Die Geschichten der Menschen hier spiegeln die komplexe Geschichte des Baltikums wider. Von der Zeit unter russischer Herrschaft bis zur Wiedererlangung der Unabhängigkeit 1991 haben die Menschen viel durchgemacht. Ihre Resilienz zeigt sich in einer reichen Chor- und Tanzkultur, die auch in Zeiten der Unterdrückung eine Chance bot, die eigenen Traditionen zu bewahren.

"Die Sprache der Herzlichkeit auf Saaremaa"

Das Besondere an Saaremaa ist die Herzlichkeit der Menschen. In dieser estnischen Idylle trifft man auf ein herzliches "tere", das so einladend ist wie ein schweizerisches "Grüezi". Diese Offenheit und das Interesse der Einheimischen machen die Insel zu einem besonderen Ort.